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Politik für eine nachhaltige Landwirtschaft
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Die wichtige Rolle der Ernährung
Was wir essen, beeinflusst auch die Landwirtschaft, sagt Prof. Dr. Peter Strohschneider, früherer Vorsitzender der Zukunftskommission Landwirtschaft und aktuell Berater der EU-Kommission. Weil Menschen ihre Ernährung ändern, müsse sich die Landwirtschaft mit ihrem Angebot darauf einstellen. Die Endverbraucher haben einen sehr viel größeren Einfluss auf das, was auf Feldern angebaut und in Ställen gehalten wird, als sie meinen. Damit bestehe ein Hebel, der stärker gefördert werden muss: „Es braucht klare Signale an Verbrauchende“, betont Theresa Stetter von der Bayerischen Jungbauernschaft, unter anderem durch eine eindeutige Deklaration der Produkte. Wenn Verbrauchende besser Bescheid wüssten über Inhaltsstoffe und Herstellung von Lebensmitteln, dann würden sie eher zu regionalen Produkten statt zu günstigerer importierter Ware greifen. Damit könnten auch kleinere Höfe unterstützt werden, die zurzeit in eine unklare Zukunft blicken, wie die Bäuerin Theresa Stetter betont.
Bündnis mit der Gesellschaft
Lebensmittel müssen nachhaltiger werden, unter anderem für mehr Tierwohl und Klimaschutz. Das wird die Agrarpolitik verändern, darin waren sich die Podiumsgäste einig. Hinzu kommt, dass die Bevölkerung wächst – es braucht also Konzepte, mehr Lebensmittel nachhaltig zu produzieren. Dafür braucht es ein Bündnis zwischen Gesellschaft und Landwirtschaft. „Wir sollten die Landwirtschaft nicht an die Wand stellen. Als Gesellschaft werden wir früher oder später den Preis für nicht-nachhaltiges Handeln zahlen, jetzt können wir noch proaktiv mitgestalten.“, appelliert Prof. Senthold Asseng von der Technischen Universität München (TUM) unter Zustimmung des Podiums und Publikums.
Auch Dr. Mascha Gugganig von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) hebt die Bedeutung des Umweltschutzes hervor. Die Agrarpolitik sei derzeit darauf ausgerichtet, dass die Produktion stetig steigt. Das hat zur Folge, dass Betriebe immer größer werden und kleine Höfe aufgeben müssen. „Aus diesem Spannungsfeld ergeben sich die Bauernproteste Anfang des Jahres ganz logisch.“, betont Mascha Gugganig. Agrarpolitik müsse auch die sozialen Folgen und die Umweltauswirkungen im Blick haben, „Es braucht klare Kommunikation zwischen Landwirtschaft, Politik, Gesellschaft und auch den Medien, um hier gemeinsame Ziele zu setzen.“.
Austausch zwischen den Stakeholdern
Wie diese Kommunikation aussehen könnte, dafür haben die Podiumsgäste vielseitige Ansätze. „Häufig fehlt in der Gesellschaft ein Bezug zu den Lebensmitteln“, merkt Theresa Stetter an und schlägt ein Schulfach zu „Alltagskompetenzen“ vor. Landwirtschaft muss erlebbar werden, sagt auch Mascha Gugganig.
Peter Strohschneider schildert, wie sich Wissenschaft und Politik austauschen: „Wissenschaftlichen Mitgliedern wird in politischen Gremien eine Neutralitätsvermutung und dadurch häufig die Moderationsfunktion zugewiesen.“ Das könne weiter zur unklaren Formulierung in den Papieren dieser Gremien führen. Dadurch kommt es zur zunehmenden Bürokratisierung für die landwirtschaftliche Praxis. Man verliere sich in Diskussionen über einzelne Gesetze, dabei gehe es eigentlich um langfristige gemeinsame Ziele. Theresa Stetter bestätigt: „Die unklare Zukunft und die Bürokratie im Betrieb verunsichern Landwirtinnen und Landwirten.“
Digitalisierung und neue Technologien
Wie verändern neue Technologien und Digitalisierung die Landwirtschaft? „In den Agrarwissenschaften passiert was!“, leitet Senthold Asseng ein. Innovationen wie Roboter und Drohnen und Vertical Farming könnten die Landwirtschaft unterstützen. Mascha Gugganig dagegen schränkt ein: „Technologie ist nicht immer die Lösung.“. Man müsse genau überprüfen, ob und wie nützlich eine Innovation für die Landwirtschaft ist. Profitieren z.B. auch kleine Höfe, regionale Landwirtschaft oder alternative Betriebe von neuen Technologien?
Hinzu kommt: „Innovationen sind häufig teuer, hier braucht es Kooperationen zwischen den Betrieben“, schlägt Theresa Stetter vor. Oder, wie Peter Strohschneider betont, den Zugang zu flexiblem Kapital. Dies sei – neben der weiteren Etablierung von Risikoausgleichszahlungen – das Kernthema für eine zukunftsfähige Landwirtschaft.
Gemeinsame Ziele
Eine zukunftsfähige Agrarpolitik muss viele Aspekte berücksichtigen: Die Verantwortung auch der Verbraucherinnen und Verbraucher, die Erfahrung der Landwirtinnen und Landwirte, Innovationen aus der Wissenschaft. Das Podium des Abends ist sich einig: Nur gemeinsam lassen sich Lösungen finden. Schuldzuweisungen helfen nicht weiter, die Stakeholder müssen auf ein Ziel hinarbeiten.
Referentinnen und Referenten:
- Prof. Dr. Peter Strohschneider (Vorsitzender Zukunftskommission Landwirtschaft und Berater der EU-Kommission)
- Prof. Dr. Senthold Asseng (TUM)
- Dr. Mascha Gugganig (Ludwigs-Maximilians-Universität München)
- Theresa Stetter (Bayerische Jungbauernschaft)
Moderation: Oscar Perez (TUM Speaker Series)
Weitere Informationen
- Die Veranstaltung ist der erste Abend einer dreiteiligen Reihe. Am 14. Januar und 10. Februar 2025 geht es um Klimapolitik und Gesundheit. Weitere Informationen zu den folgenden Terminen entnehmen Sie bitte der Webseite des Café Luitpold.
- Die Veranstaltung wurde organisiert vom Corporate Communications Center, dem Think Tank und der School for Social Sciences and Technology der TUM.